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[Bolzaneto] Zusammenfassung des 21. Verhandlungstags im Diaz-Verfahren

Die Niederschlagung des Mark Covell, aka Sky, die pathetischen Versuche der Verteidigung der Canterini-boys [1] und die Wiederlegung der Argumente selbiger durch die nachfolgenden Zeugen.

Zusammenfassung des 21. Verhandlungstags im Diaz-Verfahren am 25. Januar 2006

Ein weiterer Verhandlungstag mit voller Durchschlagkraft: Mark, aka Sky, erzählt wie er beinahe umgebracht wurde.

[A.d.Ü.: 21. Juli 2001:...] Mark arbeitet mit Indymedia UK und als freier Journalist, er verbringt den ganzen Tag damit, über die Demonstrationen zu berichten, und einen Infotisch neben dem Hof der Diaz-Schule auf die Beine zu stellen. Gegen Elf, halb Zwölf, verirrt er sich ein erstes Mal in der Diaz-Schule, um einen Blick hinein zu werfen. Wenige Minuten später kommt ein Mensch rein, der von der unmittelbar bevorstehenden Ankunft der Polizei berichtet. Zusammen mit S., den er gerade kennen gelernt hat, beschließt er, sich auf die Straße zu beamen, um zu versuchen, das [gegenüberliegende, d.Ü.] Media Center zu erreichen. Sie erreichen das Hoftor, das jemand gerade mit einem Vorhängeschloss verschließen will, schaffen es, rauszukommen und S. schafft es auch noch, unter dichtem Schlagstockprügelhagel aus der ersten Reihe der Schergen in Aufstandsbekämpfungsmontur, in Richtung des Zauns der Pascoli-Schule zu rennen. Einmal über den Zaun geklettert, ist er in Sicherheit. Nicht so Mark Covell, dem so viel Glück nicht beschieden war.

Die erste Reihe der 7. Abteilung Canterinis [2] prallt mitten auf der Straße mit ihm zusammen, wobei er gegen die Mauer der Diaz-Schule geschleudert und umstellt wird, während sie laut brüllen: „Wir bringen euch alle um!“. Er fällt zu Boden, und wenige Minuten später erhält er eine neue Abreibung, bei der ihn ein Polizist mit Tritten regelrecht vom Boden hebt, wobei er ihm acht Rippen bricht, durch die es zu einer Lungenperforation kommt. und Des Weiteren erleidet Mark auch Frakturen an Hand und Wirbelsäule. Einige Minuten Pause und eine dritte Runde Tritte macht seinen Mund und sein Gebiss zu einem einzigen Brei, womit er ins Land der Träume verfrachtet wird, nur noch einen ganz kleinen Schritt vom Tod entfernt. 20 Minuten lang bleibt er so liegen, wie es in jenem Video von Hamish Campbell verewigt ist, das zuvor schon vom Gericht in Augenschein genommen wurde. Dann endlich transportieren sie ihn ins Krankenhaus, wo er stationär aufgenommen, verhaftet, unter Aufsicht gestellt und zur Geisel gemacht wird. Nur diplomatische Bemühungen Großbritanniens vermögen es, ihn nach Hause zu holen, er bleibt schwerbehindert und vielfacher Behandlungen von Hand und Wirbelsäule bedürftig, die bis heute nicht abgeschlossen sind.

Die Anwälte der Verteidigung versuchen es mit Ausreden, die bar jeder Scham sind, und schlachten dabei Marks Verwirrung aus, der in seinen Ersten Aussagen gesagt hatte, dass er ganz sicher sei, dass er von Carabinieri zusammengeschlagen worden sei und nicht von Angehörige der Polizia, wahrscheinlich weil er, nach dem er das Bewusstsein verloren hatte, von einer Carabinieri-Truppe umstellt worden war, die nur allzu leicht eine tiefe Spur in seinem Unbewussten hinterlassen haben könnte, als er zwischen Leben und Tod hing. Obwohl mittlerweile jedes Kind weiß, dass die Operation in der ersten Reihe ausschließlich Angehörige der Polizia gesehen hat und dass den Carabinieri lediglich sekundäre Hilfsfunktionen zugewiesen waren [3], versuchten die Anwälte Romanelli, Corini und Di Bugno unverdrossen, sich auf jene verwirrte Wahrnehmung eines jungen Mannes zu berufen, der auf offener Straße durch Prügel massakriert worden war. Es hat nicht den Anschein gemacht, als habe ihnen das Gericht sonderlich viel Glauben geschenkt, im Gegenteil: ihre Verbissenheit hat ihnen keine Ehre gemacht.

Auf dass all diese illustren Advokaten gebührend zurechtgewiesen werden, bezeugt der darauf folgende Zeuge D.J., ein weiterer freier Journalist, der mit Indymedia UK zusammenarbeitet, dass er höchstpersönlich gesehen hat, wie die Ordnungskräfte zwischen der Via Trento und der Piazza Merani eintreffen, wo vier oder fünf Mannschaftswagen der Celere [4] „eine Handbreit von ihm und einer Freundin“ parken. D.J. vermag es nicht, einzelne Uniformen zu erkennen, ist sich aber sicher, dass es sich um Polizia di Stato handelt. Er beschleunigt – und rennt dann – bis es ihm gelingt, sich im Media Center auf der Indymedia Etage [in der Pascoli-Schule, d.Ü.] zu flüchten. Dort schafft er es, seine Videobänder zu verstecken, bevor er wie alle anderen abgegriffen und mit dem Gesicht zur Wand gestellt wird. Er sieht, wie die Schergen den Videoraum auf den Kopf stellen und diesen mit Videobändern, Minidiscs, Disketten, einer Gasmaske und einigen schwarzen Kleidungsstücken den Raum verlassen. Dann ist er den Drohungen zugegen, er sieht, wie die Schlagstöcke geschwungen werden und wie ein BBC-Journalist (den auch Bill Hayton erwähnt hat) verschleppt wird, und wie er misshandelt wird, weil er wegen der Behandlung, welche die Polizisten den anwesenden Personen zuteil werden ließen, protestiert hatte. D.J.’s Aussage besagt nichts Neues, sie ist aber das perfekte Gegengewicht zu den pathetischen Bemühungen des Verteidigerkollegiums in Sachen Mark Covell.

Der dritte Zeuge gibt den Canterini-boys den Rest. Es handelt sich um einen der jungen Menschen, die sich im ersten Stock der Diaz-Schule aufhielten. Er wiederholt haargenau all das, was schon so viele, die vor ihm an der Reihe waren, bezeugt haben: sie bemerken das Eintreffen der Polizei, sie setzen sich alle mit erhobenen Händen auf den Boden, die Polizei kommt und schlägt sie, dass das Blut nur so fließt. Dann kommt ein Offizier mit der gleichen Uniform, der entnervt ruft: „Basta, basta!“ und den Übergriffen Einhalt gebietet, die dann nur noch gelegentlich von den von der Lizenz, zu tun, was sie wollen berauschten Schergen mit haushohem Adrenalinspiegel ausgehen. Über die Tatsache hinaus, dass sie die bereits vorausgegangen Schilderungen dessen, was sich auf der ersten Etage der Diaz-Schule abspielte bestätigt, liegt ein grundlegender Faktor dieser Zeugenaussage im herausragenden Gedächtnis des Zeugen S.S.: er erinnert sich sehr gut an die Uniformen, bei denen er jedwedes weißfarbige Element ausschließt (die 7. Abteilung von Canterini ist die einzige, die mit dunklem Gürtel ausgestattet ist) und er erinnert sich vor Allem an den Gebrauch von Tonfas (die er auch mit der korrekten Bezeichnung benennt), die verkehrt herum [5] gehalten wurden. Zum Ärger von Romanelli jr. [Anwalt der Verteidigung, d. Ü.] und mit Beifall des Gerichts.

Morgen weitere Zeugen, weiterhin für die erste Etage der Diaz-Schule. Mit Überraschungen ist nicht zu rechnen. Wie Staatsanwalt Zucca so schön sagt: „Die Anwälte der Verteidigung schauen auf den Finger, während wir den Richtern den Mond zeigen“.

[1] Canterini-boys ist ein Wortspiel, mit dem die „Jungs“ von Canterini, dem seinerzeit jene berüchtigte 7. Einheit der Mobile-Abteilung unterstand, die im Vorfeld des G8 im Rahmen eines Sonderprogramms für ihre ohnehin schon besonders groben Aufgaben „spezielle“ Schulungen erhalten hatte. Das Wortspiel hebt in Anlehnung an den Originalbegriff „Papa-boys“, der unter Papst Woytila geprägt wurde, sehr ironisch die angebliche Lieblichkeit von jenen „Jungs“ hervor.

[2] Siehe [1]

[3] Weil am Vortag Carlo Giuliani durch Carabiniere-Hand erschossen worden war, wurden Carabinieri am 20: Juli gezielt in den Hintergrund verbannt.

[4] „Celere“ ( wörtlich: die „Schnelle“) ist ein historisches Synonym für die besagten Mobile-Einheiten, die in Deutschland am ehesten mit den geschlossenen Einheiten der Bereitschaftspolizei zu vergleichen sind

[5] Von der Verwendung von verkehrt herum gehaltenen Schlagstöcken, die dem, der einen Schlag erleidet deutlich mehr Schmerzen bereitet, hört man in Italien immer wieder. Die Praxis gilt u.A. gerade in den Mobile-Einheiten als besonders verbreitet.