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Zusammenfassung des 22. Verhandlungstags im Diaz-Verfahren

Ein schwarzer Tag für Canterini [1] , Fournier [2] und ihre 7. Einheit [3], deren ausschließliche Anwesenheit [4] durch 4 von 4 Zeugen bestätigt wird, die Schilderung eines versuchten Totschlags und die Bestätigung, dass Fournier (oder jemand, der ihm unheimlich ähnlich sieht) auf der ersten Etage war, als seine Männer die Leute massakrierten [5].

Zusammenfassung des 22. Verhandlungstags im Diaz-Verfahren am 26. Januar 2006

Heute haben verschiedene Zeugen erneut Episoden geschildert, die sich im ersten Stock der Diaz-Schule ereignet haben.

Im ersten Stock wird AK 7 ihrer Zähne verlustig. Als sie sich an die Niederschlagung von M.J. und an das Gefühl erinnern muss, M.J. läge tot in der Lache, die ihr Blut gebildet hatte, bricht sie in Tränen aus. Sie sieht, wie M.J. versucht, sich zu schützen, wie sie geschlagen wird und stürzt, mit dem Blut, das wie eine Fontäne aus ihrem Kopf spritzt und wie sie geschlagen wird, als sie bereits wehrlos am Boden liegt. Ein regelrechter versuchter Totschlag.

Ihre Schilderung ist mit denen von anderen Zeugen identisch, sowohl bezüglich des Verhaltens der Menschen, die sich in der Schule befanden, als auch bezüglich des Verhaltens der Polizei. Die Anwälte der Verteidigung (Romanelli und Usai) versuchen verzweifelt, sich auf Details zu berufen, die aber keinerlei Halt bieten: Usai versucht zu beweisen, dass der Zugang zum Media Center keinerlei Kontrolle unterlag [6] und dass Indymedia jede erdenkliche Hilfe akzeptierte (welche Neuigkeit!), während Romanelli den Nachweis versucht, dass die Staatsanwälte die Zeugen suggestiv dazu verleitet hätten, sich zu erinnern, dass es die 7. Einheit war, die sie verprügelte, wo es nach seiner Rekonstruktion doch ganz offensichtlich Außerirdische waren.

J.D. befindet sich im ersten Stock. Nach den Prügelattacken, die bei ihr eine gebrochene Hand hinterlassen, nimmt sie sich der ersten Hilfe für M.J. und A.K. an. Sie spricht oft mit dem Polizisten, der „Basta!“ gesagt hat und damit den Übergriffen ein Ende bereitete und erkennt diesen auf einem Foto wieder, das nicht Fournier zeigt, der sich seit jeher den Verdienst der mildtätigen Handlung zuschreibt, die zur Beendigung der Gewalt führte. J.D. hat erzählt, wie sich die Polizisten mitnichten um die Verletzten scherten und wie sie ihr auftrugen, erste Hilfe zu leisten, bis sie nicht begann darauf zu bestehen, dass Krankenwagen gerufen werden. J.D. erkennt die Uniformen wieder, besonders die Tonfas und den dunklen Gürtel, und führt die Reihe von vernichtenden Beweisen gegen Canterini’s 7. Einheit fort.

M.J. erinnert sich kaum an ihre Niederschlagung. Sie leidet unter einer Amnesie, erinnert sich aber zum Glück an die Angst und an das letzte Bild, das sie behalten hat, das Bild eines Polizisten, der auf der ersten Etage ankommt und beginnt, die Menschen zu verprügeln, die mit erhobenen Händen da sitzen. Einmal im Krankenhaus angekommen, besteht das Wenige woran sie sich erinnert aus Dingen, die jeden in Verlegenheit geraten lassen, der noch ein Quäntchen menschliche Würde besitzt: während sie die Krankenschwestern nach einem epileptischen Anfall, der eine Folge des erlittenen Traumas ist waschen, sieht M.J. die Polizisten, die sie auf Sicht bewachen und wie diese ihre Blicke fest auf sie gerichtet halten. Eine Person in ihrem Zustand bedurfte wohl nur allzu selbstverständlich dieses hohe Maß an Überwachung, oder hoffte jemand etwa, dass sie sich wirklich an gar nichts mehr erinnern würde? Zur Larve gemacht hätte sie für jene, die sie in der Nacht vom 21. Juli 2001 massakrierten sicher eine geringere Gefahr dargestellt.

Letzter Zeuge ist U.R., der einer von vielen willkürlichen Durchsuchungen unterzogen wird, die am 21. Juli seit den Nachmittagsstunden bis in die Nacht erfolgten. Als er zurück in der Diaz-Schule war, saß er bis zum Einfall der Polizei an einem Rechner [im Parterre, d. Ü.], dann ging er in den ersten Stock, wo er wie alle anderen mit erhobenen Händen verblieb. Als die Polizisten eintrafen, sah er, wie ein Polizist, der keinen weißen Gürtel trug und einen T-förmigen Schlagstock hatte (sieh’ an: einer von der 7. Einheit! [7]), der die ersten Menschen, die ihm vor die Augen kamen attackierte und auch dann noch mit Prügel massakrierte, als sie schon am, Boden lagen. Dann wurde U.R. selbst bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen. Daraufhin musste er hinunter in den Erdgeschoss, auf der Treppe wurde er bespuckt, beschimpft und geschlagen. U.R. hat erklärt, wie er im Erdgeschoss überall massakrierte Menschen sah, die bluteten; In der Mitte des Saals war ein Polizist mir einer Waffe (Eine Tränengaspistole), die er drohend gegen einen am Boden liegenden Verletzten gerichtet hielt, was einer Folterung gleich kam. Mitten in dem Szenario bemerkte U.R. auch zwei Personen in Schlips und Kragen. Um in diesen Luperi und Gratteri [8] zu identifizieren, bedarf es keines Genies.

Etliche Minuten später war mit einem Krankenwagen abtransportiert worden, in dem er beinahe ohnmächtig wurde. Im Krankenhaus erfolgten die Diagnose eines Schädeltraumas, eines Nasenbeinbruchs und der Fraktur zweier Finger, sowie zahlreicher Hämatome auf der ganzen Länge der rechten Körperhälfte. Anschließend wurde er in einem Zimmer des selben Krankenhauses gebracht und dort einigen Polizisten in Uniform (Gefängnispolizei) und in Zivil überlassen. Diese schlugen ihn, sie warfen ihn unter eine Dusche, beschimpften ihn und schlugen erneut auf seine rechte Körperhälfte ein, um die Spuren der neuen Hiebe unter den Spuren der Vorausgegangenen zu verbergen. In der Haftanstalt Marassi [9] wurde er während der Erkennungsdienstlichen Behandlung ein weiteres Mal geschlagen, als er fotografiert wird. Erst als er wieder in Deutschland war, verließ ihn das Gefühl, dass sie ihn jeden Moment wieder schlagen würden.

Zum Schluss, zur allseitigen Erheiterung ein wenig Gossip: Neuerdings besteht des Staatsanwalts Zucca Lieblingshobby im Bereich der Wiederkennung der Uniformen der Polizisten, die für die Übergriffe verantwortlich sind darin, das Foto einer einfachen Uniform der Mobile-Abteilung und ein Video zu zeigen, in dem man sieht, wie zahlreiche Beamte aus der Diaz-Schule laufen, deren größter Teil (aber Achtung: nicht alle!) den dunklen Gürtel der 7. Einheit von Canterini & Co. trägt.

Der Lieblingssport des Verteidigungsanwalts Romanelli wiederum besteht darin, irgendwie das Gericht zu überzeugen dass:

die Zeugen durch den Staatsanwalt suggestiv manipuliert wurden, weil selbiger sich bei der Anhörung der Zeugen im Rahmen des Amtshilfeverfahrens erlaubt habe, diese zu fragen, ob es sich bei den Schlagstöcken, mit denen sie traktiert wurden, um ebensolche in einfacher Ausführung oder um Tonfas gehandelt hatte (als ob es sich hierbei nicht um eine ermittlerisch vollkommen legitime Frage handeln würde).

Die Zeugen in der Dunkelheit nicht gut sehen konnten weswegen sie sich dann, wenn sie sagen, sie hätten keine weißen Gürtel gesehen, einfach nur getäuscht haben könnten.

Dabei scheint es so, als bestünde das beliebteste Hobby der Zeugen neuerdings darin, Romanellis aus dem Konzept zu bringen. Plakativ die Situation in der U.R., auf die Frage Romanellis, ob ihm bei Sichtung des Videos Unterschiede zwischen den Uniformen aufgefallen seien antwortet, dass mindestens EIN Polizist einen weißen Gürtel trug. Aus dem Hintergrund hätte man meinen können, einen Spottlaut vernommen zu haben. Das war aber sicher ein akustischer Effekt der Arbeiten im Gerichtssaal.

[1] Vincenzo Canterini war seinerzeit Leiter der römischen Abteilung der Squadra Mobile. Als solcher befehligte er 1000 Bereitschaftspolizisten. Am Abend des Überfalls auf die Diaz-Schule war er an der Spitze einer 70-köpfigen Sondereinheit aus jener römischen Abteilung, die einige Zeit zuvor als eine Art „Pilotprojekt“ gegründet wurde und die Schwerpunkte Nahkampf und Aufstandsbekämpfung hatte.

[2] Vize von Canterini

[3] So lautete die Bezeichnung der unter [1] erwähnten Sondereinheit

[4] Schon im August 2001 begann eine heftige Streiterei innerhalb der damals beteiligten Angehörigen der Sicherheitsapparate, weil klar geworden war, dass die Theorie der Exzesse Einzelner kaum eine Chance hatte, die Sache mit der Diaz-Schule aus der Welt zu schaffen. So begannen die beteiligten Kräfte, sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben. Canterini, Fournier und weitere Angehörige der Truppe beteuerten, dass die besagte Sondereinheit mit der Prügelorgie nichts zu tun hatte. Dies wird von Verhandlung zu Verhandlung durch die Zeugenaussagen immer deutlicher widerlegt. Es geht dabei speziell um die blanke Gewalt in der ersten Phase der Operation. Die Frage nach der Verantwortung aufgrund der Befehlsstrukturen im Rahmen der gesamten Operation steht auf einem anderen Blatt.

[5] Gerade die „Vorgesetzten“ der Kräfte, die in der Schule wüteten wollen so wie jene in Bolzaneto, nichts gesehen haben.

[6] Trotz der vollkommen gegenteiligen Evidenz, versucht die Verteidigung verzweifelt, mit allen Mitteln zu unterstellen, dass die Ordnungskräfte mit gefährlichen und Gewaltbereiteten Gegnern konfrontiert waren. Dazu gehört auch der Versuch, aus dem Fehlen von „Kontrollen“ auf die Anwesenheit von angeblichen „Mitgliedern“ der berühmt-berüchtigten „black bloc“ in den dem Genoa Social Forum von der Stadt Genua überlassenen Räumlichkeiten zu schließen, um so etwa die Polizeigewalt zu rechtfertigen und doch noch die Rechtmäßigkeit der Maßnahme zu behaupten.

[7] Der Tonfa wurde in Italien überhaupt erst (Dekret vom 30. Juni 2001!) unmittelbar vor dem g8 zunächst für nur wenige Einheiten eingeführt. 100 von 300 für diesen Zweck für die Polizei gekauften Tonfas waren dem römischen Reparto Mobile und speziell der besagten 7. mobilen Einheit zugeteilt worden.

[8] Gratteri war damals Chef der operativen Abteilung der Kriminalpolizei „Sco“, Luperi der Vize des mittlerweile verstorbenen Chefs der „präventiven Verbrechensbekämpfung“ Arnaldo La Barbera.

[9] Die Verbringung von teils auch schwer verletzten Personen in Haftanstalten ist in Genua alles Andere als ein Einzelfall gewesen.